Die hier gezeigten Bilder entstanden im März 2020, als der erste Lockdown innerhalb der Corona-Pandemie ohne einkaufende Menschen einen unverstellten Blick auf Schaufenster ermöglichte. Schaufenster sind nicht nur eine Werbemaßnahme oder eine Auslage der angebotenen Waren, sondern sie sind auch ein Spiegel gesellschaftlicher Zustände.

Es gab Schaufenster, die traditionell und „sachlich“ ihr Warensortiment präsentierten, aber auch einige, wo nicht sofort erkennbar war, um was es sich eigentlich handelte. Und eigentlich wird hier auch keine Ware, sondern eine Art Lebensstil oder ein Versprechen der Möglichkeit zur Veränderung der gesellschaftlichen Stellung feilgeboten: „Charakterware“. Innerhalb eines hochstandardisierten und seriell produzierten Warenangebotes wird anschaulich-gegenständliche Selbstaneignung individueller Besonderheit zunehmend problematisch, so dass Identitätsdesign und Charakterware zu einem eigenen exklusiven Markt einer Industrialisierung der Individuation, einer Standardisierung des Menschen werden können.

Einstellungen, Verhaltensweisen und Wahrnehmungen finden schon lange Berücksichtigung in der Kunst der Vermarktung, aber die Endlichkeit der Kugeloberfläche, als augenfälligstes Hindernis der ökonomischen Wachstumslogik, bedingt die Ausweitung des Marktes in den Menschen hinein.
Seitenanfang